COCKPIT CULTURE

Führungs- und Teamfähigkeit sind zentrale Faktoren in der Zusammenarbeit einer Cockpitbesatzung. Lange vorbei sind die Zeiten, in denen der Flugkapitän als Alleskönner und Alleswisser auftrat und die Kollegen (seinerzeit nur männlich) sich unterordneten. Nicht zuletzt aufgrund von schweren Unfällen, die u.a. diesem Hierarchiegefälle geschuldet waren, setzte seit Ende der 1970er Jahre ein Umdenken ein.

Klicken Sie auf das Plus für verschiedene Themenbereiche:

DER FLUGKAPITÄN ALS FÜHRUNGSKRAFT

Viele Entwicklungen in der zivilen Luftfahrt verdanken Ihr hohes Tempo dem Ursprung im militärischen Bereich. So verwundert es nicht, dass die ersten Cockpitbesatzungen nach ebensolchen Regeln flogen. Der Flugkapitän oder Kommandant führte das Team aus der Position des Überlegenen, Ranghöheren heraus. Respekt vor dem Höhergestellten wurde erwartet, Widerspruch wenig geäußert. Dieses Verhalten führte nicht selten zu Katastrophen mit tödlichem Ausgang, bei denen die Kopiloten oder Ersten Offiziere wie auch die Ingenieure sehenden Auges in ihr Verderben flogen. Tragischstes Beispiel dafür ist die Flugzeugkatastrophe auf Teneriffa 1977, bei der der Kapitän einer KLM-Boeing 747 die Warnungen des Kopiloten und des Flugingenieurs missachtete und einen Start im Nebel initiierte, obwohl die Startbahn noch von einer Pan Am-Boeing 747 besetzt war. Kopilot und Flugingenieur wiederum insistierten nicht ausreichend, um die Katastrophe abzuwenden. Der Kapitän galt in seiner Firma als Ikone, er war Chefpilot, Ausbilder (eben auch des Kopiloten neben ihm) und sogar Werbeträger der Fluggesellschaft. Seine Autorität anzuzweifeln traute sich keiner seiner beiden Kollegen. Und doch hätte dies die Katastrophe verhindern können.

DER KOPILOT ALS RESSOURCE

Laien frage sich oft, was denn der Kopilot im Flugzeug für eine Funktion hat. Ist er die rechte Hand des Kapitäns und assistiert ihm lediglich? Oder ist er ein vollwertiger Pilot, der das Kommando auch übernehmen könnte? Letzteres ist richtig - im Cockpit sitzen immer zwei voll ausgebildete Flugzeugführer, der Kopilot kann den Kapitän vollständig ersetzen, wie es etwa auch bei der Entführung der Lufthansa-Boeing 737 "Landshut" im Herbst 1977 der Fall war. Mehr noch, der Kopilot (oder "Erste Offizier") ist befugt, dem Kapitän die Führung des Flugzeuges abzunehmen, wenn er dies aus Sicherheitsgründen für erforderlich hält. Allerdings musste das hart erkämpft und trainiert werden, denn bis Ender der 1970er-Jahre bestand häufig das oben erwähnte starre Hierarchie-Gefüge, das sich in Kulturen noch länger hielt, in denen Respekt und Hierarchie stark verbreitet und angesehen sind, etwa in Asien.

Heute gilt: Der Kopilot ist eine wichtige Ressource, die schon aus Interesse der Sicherheit (und nicht zuletzt auch des Eigeninteresses des Kapitäns) genutzt werden sollte.

CREW RESOURCE MANAGEMENT

Zu Beginn des Umdenkens und des Erkennens der Faktoren Mensch und Team im Cockpit wurde der Begriff Cockpit Resource Management geprägt. Später bezog man die gesamte Crew (also auch die Kabinenbesatzung) wie auch alle externen Personen, die am Fliegen beteiligt sind, mit ein - etwa Fluglotsen und Techniker (heute unter dem erweiterten Begriff Crew Resource Management beschrieben). Wichtigste Ressource für den Flugkapitän im Cockpit ist der Kopilot - und umgekehrt. Diese Ressource nicht zu nutzen, wäre eine große Verschwendung von Fachwissen, Erfahrung und Intuition. So ist ein jüngerer Copilot näher an seiner Ausbildung, er bringt vielleicht neue Erkenntnisse direkter ein und ist noch nicht in alten Gewohnheiten gefangen. In CRM-Schulungen lernen Cockpitbesatzungen mit der Ressource Mensch umzugehen, sie zu nutzen. Beispielsweise ist das Stellen offener Fragen ein wichtiger Faktor. Konkret heißt das: Statt dem Kopiloten Ideen zu servieren und sich lediglich eine Bestätigung einzuholen ("Ich denke, dies oder jenes wäre die beste Lösung, was meinst Du?") sollte dem Kollegen die Möglichkeit gegeben werden, selbst Ideen einzubringen. Dies bietet den Vorteil, dass der Kapitän so auf neue Möglichkeiten der Problemlösung gebracht werden kann ("Ich hätte eine Idee, aber was würdest Du machen?").
Schulungen arbeiten daran, dass diese offenen Fragen vom Gegenüber nicht als Schwäche ausgelegt werden ("Der andere hat momentan keine eigene Idee, deshalb fragt er mich"), sondern als Bestärkung des eigenen Entwickeln von Ideen.